Ratgeber | Gender Bias in MINT-Fächern
Inhalt
Der Gender Bias in den MINT-Fächern: Frauen in der Technik haben es immer noch schwer!
Was ist MINT?
MINT ist eine Abkürzung, ein sogenanntes Initialwort, und setzt sich aus den Anfangsbuchstaben der Studienfachbereiche Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik zusammen. Klassisch gesehen gehören dazu die Fächer Physik, Chemie, Biologie und Mathematik, doch auch die Astronomie, Geografie, Geologie oder die Nanowissenschaften werden zu MINT-Fächern hinzugezählt.
"Komm, mach MINT!"
In letzter Zeit wird häufiger über den Mangel an Frauen in diesen sogenannten MINT-Fächern berichtet, was gut ist, da es die Konversation anregt über den leider immer noch herrschenden Gender-Bias, der sich immer noch in sehr hartnäckig in diesen Bereichen hält.
Wir hatten zuvor schon, in unserem Artikel über die Gender Pay Gap, - Der Gender Pay Gap - Wie wird er berechnet und was können wir tun?, berichtet, wie eine Schließung der geschlechterspezifischen Lohnlücke das Bruttoinlandsprodukt in der EU und in Deutschland bei 2030 um bis zu 1 % erhöhen könnte und im Jahr 2050 um bis zu 3 %.
1 % hört sich auf den ersten Blick erstmal nicht nach viel an, doch wenn man im Vergleich dazu sieht, dass das Bruttoinlandsprodukt im zweiten Vierteljahr 2021 rund 869 Milliarden Euro betrug, könnte man denken, dass sich knapp 90 Milliarden Euro gar nicht mehr so wenig sind.
Es spielen viele Faktoren eine Rolle, warum Frauen sich für oder gegen eine Karriere in den MINT-Branchen entscheiden und auch wieder verlassen (einige davon haben wir in unserem Artikel über den Gender Pay Gap aufgeführt).
Daher hat das Bundesministerium für Bildung und Forschung schon im Jahr 2008 einen Nationalen Pakt für Frauen in MINT-Berufen “Komm, mach MINT” beschlossen. Deren Ziel ist es, ein bundesweites Netzwerk für Frauen aufzubauen, Schülerinnen zu fördern, mehr junge Frauen für ein MINT-Studium zu begeistern und mehr Führungspositionen mit Frauen zu besetzten.
“Komm, mach MINT” führt stetig Online Umfragen durch, um uns auf dem Laufenden zu halten. Zur aktuellen Umfrage für Schüler und Studenten gehts hier: Umfrage zu den MINT-Zukunftstagen
Einer der letzten Umfragen ergab, dass Diskriminierung in der MINT-Branche sehr unterschiedlich wahrgenommen wird und die Frage nur geschlechtsbezogen beantwortet werden kann. Frauen werden vor allem dann benachteiligt, wenn es sich um das Gehalt (52 %) und Beförderungen (31 %) geht. Ca. 20 % Männer fühlen sich ungerecht behandelt, wenn sie zu wenig Lob und Anerkennung verspüren und etwa 15 % der Männer fühlen sich benachteiligt, wenn es um die Verteilung von Aufgaben und Projekten geht. Überspitzt könnte man sagen: Die Diskriminierung von Männer greift eher das Ego und die Motivation der Betroffenen an. Wohingegen die Diskriminierung von Frauen in männlich dominierten Berufen die Existenz von den dort angestellten Frauen angreift.
Was können wir tun?
Um diese Probleme anzugehen, sollen vor allem, laut der Befragten, die Vorgesetzten in die Pflicht genommen werden.
Frauen und Männer fordern vor allem 3 Maßnahmen:
- flexible Gestaltung des Arbeitsalltags
- Objektive Leistungsbewertungen
- Eine Unternehmenskultur, die Chancengleichheit fördert
Von den Umfrageteilnehmern wünschen sich über die Hälfte der Frauen flexiblere Arbeitspraktiken, die Eltern unterstützen. Vorurteile gegenüber Müttern und der Mangel an integrativen Arbeitspraktiken und -kulturen können sich auf Frauen auswirken, die nach der Geburt eines Kindes in den Beruf zurückkehren wollen.
Über 60 % befürworten die Anonymisierung von Lebensläufen während des Einstellungsverfahrens, um Vorurteile zu vermeiden. Unbewusste Voreingenommenheit, selbst bei der Einstellung, kann den Versuch eines Unternehmens, Vielfalt zu erreichen, behindern.
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Eine Studie der Universität Yale ergab, dass männliche und weibliche Wissenschaftler, die beide zur Objektivität erzogen wurden, eher Männer einstellten, diese für kompetenter hielten als Frauen und ihnen 4.000 Dollar mehr pro Jahr zahlten als Frauen. In einer anderen randomisierten Doppelblindstudie bewerteten wissenschaftliche Lehrkräfte von forschungsintensiven Universitäten die Bewerbungsunterlagen eines Studenten - dem nach dem Zufallsprinzip entweder ein männlicher oder ein weiblicher Name zugewiesen wurde - für eine Stelle als Laborleiter. Der männliche Bewerber wurde als deutlich kompetenter und einstellungsfähiger eingestuft als die identische Bewerberin, ein deutlich höheres Einstiegsgehalt und mehr Karriereberatung durch die Fakultätsmitglieder angeboten wurde.
Ob die einstellenden Lehrkräfte nun männlich oder weiblich waren, hatte keinen Einfluss auf die Antworten, sodass weibliche und männliche Lehrkräfte mit gleicher Wahrscheinlichkeit eine Voreingenommenheit gegenüber der weiblichen Studentin zeigten. Diese Voreingenommenheit ist natürlich nicht augenscheinlich, da es nicht darum geht, die Förderung von Frauen oder die Einstellung von mehr Frauen explizit zu verhindern, sondern es ist ein Hinweis auf die indirekte Voreingenommenheit der Geschlechter, die augenscheinlich bedeutet, dass Frauen als weniger kompetent und fähig eingeschätzt werden.
Von nichts kommt nichts!
Das Ergebnis dieser Untersuchung ist herausstechend, weil sie auf ernsthafte systematische und strukturelle Probleme in der Branche hinweisen, die mehr Frauen davon abhalten könnte, in die MINT-Fächer ein- oder aufzusteigen.
Selbst wenn die Geschlechterparität in einem Bereich erreicht ist, gibt es immer noch große Unterschiede in der Zusammensetzung der Führungsebene. Ohne Intervention und aktive Diskussion werden sich in der MINT-Branche weiterhin die gleichen Vorurteile halten, die Geschlechterstereotypen verstärken. Wenn Frauen in männlich dominierten Berufen die Chance auf Karriere genommen wird, weil Geschlechterrollen, Stereotype und strukturelle Ungleichheiten nach wie vor alltäglich sind, wären jegliche Bemühungen um Gleichstellung im Beruf nicht erstrebenswert und führen frustrierend ins nichts und nichts wirds sich ändern. Wir müssen von einem tieferen Verständnis dafür ausgehen, wie unsere Arbeitsplatzkulturen Diskriminierung ermöglichen und wie sich dies auf die Vielfalt in einem Unternehmen auswirken kann.
Wir müssen eine ergebnisorientierte Denkweise einnehmen
Jeder, der sich für Vielfalt, Gleichberechtigung und Inklusion einsetzt, muss von einer zielorientierten Denkweise zu einer ergebnisorientierten Denkweise übergehen. Eine zielorientierte Denkweise ist eine Denkweise, die sich darauf konzentriert, ein Kästchen abzuhaken, eine denkweise wie: "Ich habe letzten Monat 3 Männer eingestellt, deshalb muss ich in deisem Monat 3 Frauen einstellen", während eine ergebnisorientierte Denkweise das Ziel vor Augen hat wie man am besten einen integrativen Arbeitsplatz schafft. Die ergebnisorientierte Denkweise beinhaltet Ziele für die Vielfalt mit einem klaren Verständnis dafür, wie diese Bemühungen in die Gesamtvision der Organisation passen. An dieser Stelle kommt das 3-Is-Framework (3-I-Gerüst) ins Spiel. Wenn es darum geht, ein gerechtes Arbeitsumfeld zu schaffen, dann muss der der Rahmen stimmen. Inklusion, Intersektionalität und Intention.
Inklusion
Lege einen inklusiven Blickwinkel an, um festzustellen, ob authentische, gerechte Arbeitsumgebungen wirklich für alle gelebt werden. Ein authentisches Umfeld gibt den Menschen die Erlaubnis, sich ganz zu zeigen, ohne dass sie einen Teil ihrer Identität verstecken müssen, um dazuzugehören. Ein gleichberechtigtes Umfeld garantiert faire Behandlung, Zugang, Chancen und Förderung für alle, während es gleichzeitig darum geht, Barrieren zu erkennen und zu beseitigen, die die volle Teilhabe einiger Gruppen verhindert haben.
Intersektionalität
Nutze die Intersektionalität, um die Welt zu betrachten. Der Begriff Intersektionalität wurde vor über 30 Jahren von der Rechtswissenschaftlerin Kimberlé Crenshaw, PhD, geprägt und erklärt, wie sich die einzelnen Merkmale oder Identitäten einer Person "überschneiden" und überlagern, um ganz eigene Erfahrungen mit Diskriminierung und Privilegien zu machen.
Bei der Anwendung einer intersektionalen Sichtweise sollte der Fokus nicht nur auf dem Geschlecht liegen. Stattdessen sollte berücksichtigt werden, wie sich Geschlecht mit Rasse, sozioökonomischem Status, Bildung, Fähigkeiten und anderen individuellen Merkmalen überschneidet, die in der Mehrheitsbevölkerung nicht vertreten sind. Wehre dich gegen die Vorstellung, dass Menschen aufgrund ihrer Identität in diese sehr breiten Schubladen gesteckt werden können. Unterscheide die Daten und denke nicht nur an die einzigartigen Erfahrungen von Frauen als Ganzes, sondern auch an die Erfahrungen von farbigen Frauen, Frauen mit Behinderungen oder Frauen aus der LGBTQ-Gemeinschaft.
Das hilft den Unternehmen zu erkennen, dass Frauen nicht nur aufgrund eines einzigen Aspekts ihrer Identität (ihres Geschlechts) Hindernisse bei der Beförderung erfahren. Die Überschneidung mehrerer Aspekte ihrer Identität kann sie strukturellen Hürden aussetzen, die sich voneinander unterscheiden, weil Rassismus und Sexismus (und jeder andere -ismus) auf sehr interessante Weise zusammenkommen und die Erfahrungen der Menschen bestimmen.
Intentionen
Und zum Schluss: Handle bewusst. Dies setzt voraus, dass sich die Unternehmen kontinuierlich darauf konzentrieren und engagieren, die Selbstwahrnehmung und das Handeln des Einzelnen und der Organisation zu fördern. Vorsätzliches Handeln setzt voraus, dass die Ziele mit den Maßnahmen in Einklang gebracht werden - und dass die Ressourcen und die Unterstützung von wichtigen und einflussreichen Führungskräften vorhanden sind, um die Institution wieder auf den Weg der Gleichstellung zu bringen.
Programme zur Förderung von Vielfalt und Inklusion werden trotz bester Absichten und erheblicher Investitionen nicht mit denselben Maßnahmen innerhalb desselben alten Systems gedeihen. Wenn du Vielfalt mit Menschlichkeit verbindest, erkennst du deine eigenen Vorurteile und stellst sie in Frage - und das ermöglicht dir und deinem Umfeld, zu wachsen.
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